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Die Belagerer setzten trotz des schlechten Wetters ihre Erdarbeiten fort, beschossen die Stadt aber nur selten. Von der 6. Batterie aus trieben sie gegen die Kobelwitzer Redoute einen Graben vor, an dessen Ende in nur 300 m Entfernung von der Redoute sie einen Erdaufwurf machten. Trotz der Leuchtkugeln hatte man das in der Redoute nicht gesehen, und die Oder, die dazwischen fließt, hatte mit ihrem steigenden Wasser auch den Schall absorbiert. Jetzt schaffte man zusätzliche Geschütze nach dem bedrohten Werk, so daß dort schließlich 25 vorhanden waren. Zudem gelang es, das Kriebelsche Vorwerk im Nordosten von Kobelwitz in Brand zu schießen und so dem Feind den Rückhalt zu rauben.
Am 11.2. erschienen gegen 11.00 Uhr wieder Parlamentäre vor dem Ratiborer Tor. Entgegengesandte preußische Offiziere erhielten die mündliche Aufforderung zur Übergabe der Festung, da jeder Widerstand vergeblich sei, weil die Festung Schweidnitz gefallen und die Russen bei Preußisch-Eylau geschlagen seien. Aber Oberst Neumann lehnte erneut ab.
Am 12.2. waren die Feinde mit der Errichtung der neuen Batterien ziemlich fertig. Die Belagerten hatten inzwischen auf dem Saillant Wilhelm neue Geschütze aufgefahren und bereits in der Nacht zum 12. ihr Feuer gegen die neuen Werke eröffnet. Ehe es aber zu einem entscheidenden Kampf kam, trat ein Naturereignis ein, das den Preußen glücklich zustatten kam. Am Abend des 12.2. barst das Eis der Oder infolge des anhaltenden Tauwetters, und bald trat der Fluß über die Ufer und überschwemmte die ganze Oderniederung. Das Wasser stieg so schnell, daß alle Laufgräben und Batterien rasch von der Mannschaft verlassen werden mussten und nur wenige Geschütze am Morgen des 13.2. herausgezogen werden konnten. Die bayerischen Soldaten hatten unter dem Feuer aus der Festung, der Unterkunft in schlechten Quartieren und durch die anstrengenden Arbeiten viel zu leiden, aber Prinz Jerome fand für sie kein Wort der Anerkennung, sondern nur Tadel.
Am 12.2. kam der General Pernety ins bayerische Hauptquartier, um sich vom Stand der Belagerung zu überzeugen. Er fand wegen des Hochwassers natürlich alles in schlechtem Zustand. Nachdem er eine Anweisung für die Belagerungsartillerie ausgearbeitet hatte, ging er am 13. nach Breslau zurück.
Am 14. stieg die Oder so hoch, daß die Gegend von Kobelwitz bis Klodnitz einem See glich. Der bayerische Major v. Wreden, der in Kobelwitz lag, erklärte. „Ich kann meine Leute noch auf die Dächer legen, dann aber müssen sie verhungern.“ Ähnlich sah es bei Wiegschütz aus. Hier durchstach zwar der Feind den Damm, der das Wasser aufstaute, aber das brachte nur geringe Entlastung. Für die Belagerer verminderte sich die Hoffnung auf rasche Eroberung Cosels noch dadurch, daß das 1. Linieninfanterieregiment sowie die Oberglogau stehenden Truppen von Jerome abberufen wurden und auf diese Weise nicht nur eine Verminderung der Belagerungstruppen eintrat, sondern diesen auch noch die Deckung der Belagerung gegen die in der Grafschaft Glatz stehenden preußischen Truppen zusätzlich übernehmen mussten.
Hätte der Kommandant von Cosel zu diesem Zeitpunkt eine zuverlässigere Truppe gehabt, er hätte mit Ausfällen aus der Festung leicht die Aufhebung der Belagerung erzwingen können. Aber er durfte keinen Ausfall wagen, weil sonst seine Leute in Massen zum Feind übergegangen wären. Er musste sogar das Ratiborer Tor vernageln lassen, um weiteres gewaltsames Entweichen zu verhindern. Trotzdem desertierten bis zum 21.2. weitere 105 Mann. Die Besatzung betrug nun nur noch 73 Offiziere und 3.718 Mann. Darunter befanden sich 300 Kranke.