Beiträge und Pressemitteilungen zum Generalfeldmarschall Graf Neidhardt von Gneisenau

Die Belagerung der Festung Cosel 1807 - Seite 20

Geschrieben von Dr. Frank Bauer

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Ähnlich war es im Fort Wilhelm zugegangen. Dort war Hauptmann v. Brixen Kommandant. Hier hatten Soldaten um Mitternacht die Brücke des Forts heruntergelassen. Die Offiziere und Unteroffiziere waren mit dem Gewehr in der Hand zwischen die nach draußen drängenden Soldaten getreten und konnten einen Teil zurückhalten. 55 waren aber desertiert. Als man nach ihnen schoß, mußte man feststellen, daß die Kugeln aus den Patronen ausgebrochen waren.

Am 6. März musste dann noch ein Kanonier wegen Anstiftung zu einem Komplott erschossen werden, ebenso am 9. März zwei Mann vom Nationalbataillon wegen versuchter Desertion. Als Ursache für diese Meutereien ergab sich der Unwille über den sehr anstrengenden Dienst und die totale Überanstrengung. Dies war vor allem die Folge des zu geringen Mannschaftsbestandes. Krankheit und Verwundungen hatte die Zahl der Verwendungsfähigen noch mehr herabgesetzt. Vor allem wütete der Typhus. 15 Offiziere und 412 Mann waren Anfang März krank, davon galten 11 Fälle als hoffnungslos. 80 Genesende blieben dienstuntauglich.

Die Schreckennacht des 5. März war zugleich das Ende der Beschießung. Nach der Schlacht bei Preußisch-Eylau, wo Napoleons Truppen ungeheure Verluste erlitten hatten, befahl der Kaiser seinem Bruder Jerome, alle verfügbaren Truppen aus Schlesien zu seinem Heer stoßen zu lassen. Jerome hatte sich von Kapitän Duponton über die Lage vor Cosel unterrichten lassen. Als dieser meldete, daß 10.000-12.000 Mann und eine bedeutende Vermehrung der Artillerie nötig sei, um die Festung einzunehmen, ordnete er am 4. März die Aufgabe der Belagerung und die Umwandlung in eine bloße Einschließung an. Nur die Brigade Raglowich und das leichte Bataillon Braun blieben zur Blockade zurück.

Schon in der Nacht zum 5. März begann der Feind mit der Herausziehung der Geschütze aus den Stellungen. Von der Festung aus sah man wenige feindliche Soldaten, aber viele Landleute, die die Geschütze zurückführen sollten. Das Feuer der Festungskanonen zerstreute sie immer wieder, sie wurden aber von den bayrischen Soldaten zurückgetrieben.

Aufgrund der Unzuverlässigkeit seiner Soldaten konnte Oberst Neumann nur unter großer Vorsicht an einen Ausfall denken.  Am 7. März setzte Leutnant Lippa mit 40 Mann über die Oder, um den Feind zu beobachten. Dabei konnte ein feindliches Geschütz nach der Kobelwitzer Redoute geschafft werden.

Da das Feuer der Festung nicht erwidert wurde, und man nicht wusste, ob der Feind völlig abgezogen war, wurden für den 8. März zwei neue Ausfälle geplant. Major Hahn erhielt die Aufgabe, die Batterien vor Reinschdorf zu zerstören, die Laufgräben dort und am Dembowaer Damm von den Feinden zu säubern und Reinschdorf anzuzünden, um dem Feind Deckung und Unterkunft zu entreißen. Die Vorhut bestand aus 12 Kavalleristen unter Wachtmeister Bongard und 30 Freiwilligen des Bataillons v. Pelchrzim unter Hauptmann Römer. Ihnen folgten 2 Kompanien des Nationalbataillons Hahn mit 160 Mann und 60 Mann des Bataillons Sanitz unter Leutnant v. König. Sie waren teilweise mit Hacken und Spaten für die Zerstörung der Batterien ausgerüstet.

Die Reinschdorfer Batterien wurden von der Vorhut genommen. Die Feinde flohen, kehrten aber bald verstärkt zurück. Es entspann sich bei der Nepomukstatue ein erbitterter Kampf. Währenddessen war der Wachtmeister Kreutzmann mit 8 Mineurs bei der Zerstörung der Batterien, was aber nur unvollständig gelang, denn der Feind erhielt fortlaufend Verstärkung und Major v. Hahn musste das Gefecht abbrechen und sich langsam zur Festung zurückziehen. Sein Pferd wurde dabei getötet, auch sein Bursche. Leutnant König wurde von zwei Schüssen schwer verwundet.