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Der Kriegsrat beriet nicht lange. Er erklärte, daß man Pulver, Blei, Lebensmittel und Soldaten genug besitze, um Cosel weiter zu verteidigen. Der Kommandant ließ Raglowich mitteilen, daß man die Festung bis zum Äußersten verteidigen werde, ohne sich um die Vorgänge außerhalb zu kümmern. Diese Antwort wurde am 3. Juni 10.00 Uhr nach Comorno gebracht.
Die Bürger erfuhren von den Verhandlungen wenig. Es gab nur Gerüchte über einen Abschlag des Kapitulationsangebotes.
Am 10. Juni kam der Erbprinz von Hohenzollern-Hechingen, dessen Land Mitglied des Rheinbundes war, in die Festung. Er forderte den Kommandanten im Namen Jeromes noch einmal zur Kapitulation auf. Auf Forderung v. Puttkammers setzte er die Bedingungen schriftlich auf. Diese lauteten:
1. Die Festung Cosel ergibt sich den Truppen Sr. Majestät des Kaisers von Frankreich bis zum 16. Juli 1807.
2. Sollte bis dahin Entsatz erfolgen, so findet die Kapitulation nicht statt.
3. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt alles beim status quo. - Das Blockadekorps wird weder vermehrt noch vermindert, jedoch hören die Feindseligkeiten bis zu diesem Zeitpunkt auf. An den Festungswerken wird indessen nichts gemacht noch geändert.
4. Die Herren Offiziere werden sich auf ihr Ehrenwort dahin begeben, wohin sie wollen. Sie erhalten die Gage, die sie von ihrem König in Friedenszeiten erhielten.
5. Vier Offiziere erhielten die Erlaubnis, zu des Königs Majestät sich zu begeben, und werden nicht als Kriegsgefangene angesehen.
6. Da Seine Kaiserliche Hoheit in Erfahrung gebracht haben, daß den Kranken in der Festung die nötige Arznei mangele, so ist man bereit, dieselbe bis zum Moment der Übergabe zu liefern.
Nach dem Aufsetzen dieses Schriftstücks wurde es durch sämtliche Offiziere der Garnison beraten. Das Ergebnis war:
„Daß, da die Festung nur bis zum 15. Juni mit Butter und Fett, mit Lebensmitteln excl. Mehl bis zum 8. Juli, mit Fleisch bis zum 5. Juli versehen sei, überdem die Krankheiten und die Sterblichkeit der Garnison überhand nehmen, und die medizin gegen den 1. Juli völlig ausgegangen sein dürfte, folgende Kapitulationspunkte vorläufig festgesetzt werden könnten.
Der Feind erlaubt dem Prinzen Biron von Kurland nebst einem Offizier zur Armee des Königs zu gehen, um Höchstdenenselben einen alleruntertänigsten Rapport vom Zustande der Festung abzustatten; die Festung Cosel ergibt sich den 16. Juli auf Kapitulation, wenn bis dahin kein Entsatz erscheint, wenn bis dahin Neiße übergeht, wenn der Feind mit einem gleichen Korps, als wenigstens 1.500 Mann stark sein muß, Cosel blockiert behält, wenn 10 Offiziere zur Armee des Königs gehen dürfen, ohne kriegsgefangen zu sein, und wenn den Offizieren, denen der Feind Vorwürfe machen zu können glaubt, nichts geschieht.“
Alle Anwesenden unterzeichneten das Schriftstück. Dem Erbprinzen wurde mitgeteilt, daß man die Antwort am nächsten Tag 16.00 Uhr ins feindliche Lager bringen werde. Zusätzlich wurde noch ein Waffenstillstand mit 24stündiger Kündigung vereinbart.
Am 11. Juni brachten 2 Offiziere den schriftlichen Entwurf der Kapitulation nach Wiegschütz. Am 13. sandte Raglowich den französischen Text des Entwurfs an den Kommandanten. Der berief noch einmal sämtliche Offiziere zur Beratung. Er erläuterte, daß vom 1. bis 10. Juni 103 Mann der Garnison begraben worden seien, in den letzten Tagen täglich 14 Mann gestorben seien. Vom 8. Juli an werde die Besatzung nur noch über Brot, Salz und Wasser verfügen und die Kranken ohne Arznei sein. Das würde die Sterblichkeit weiter erhöhen und die Auflösung der Garnison bedeuten. Er könne deshalb die Festung nicht länger als bis zum 16. Juli halten. Die Offiziere akzeptierten diese Argumente und stimmten der Kapitulation zu. Noch am Nachmittag wurde das Schriftstück zur Ratifikation an den Prinzen Jerome nach Breslau geschickt.